getnext Kommentar in der MusikWoche
MUSIK WOCHE 18-19/2020 April 2020
Kommentar von Jochen Schuster / Gründer und Geschäftsführer getnext
Die letzten Wochen haben das Leben der meisten Kreativen, Kunst-Kultur- und Musikschaffenden extrem verändert. Einen so krassen Einschnitt auch für alle beteiligten Gewerke in so kurzer Zeit hat es noch nie gegeben. Homeoffice und Videokonferenzen sind selbstverständlich geworden, Streaming Events finden auf jedem Kanal statt, jeder überlegt wie die Zukunft kurz- bzw. mittelfristig aussehen wird und wie er sie mitgestalten kann. Es geht für alle um die eigene Existenz, die der Kollegen und Partner. Jeder ist in den Prozess eingebunden, nicht nur vereinzelte Entscheider bestimmen die Zukunft sondern auch Künstler und Manager sind gefragt. Auf dieser Grundlage sind alle gefordert, das Momentum als Chance zu begreifen, alte Strukturen zu hinterfragen und eigene Positionen neu zu justieren. Die sogenannte Systemrelevanz muss jetzt jeder für sich und seine Kollegen schaffen!
Anfang des Jahres haben kleine und mittelgroße Künstler darauf hingewiesen, dass ihre Einkommen aus Musikverkäufen im Streaming-Zeitalter problematisch gering sind. Es entstand die Fair Share Initiative die sich für eine gerechtere Verteilung von Streamingerlösen in der Musikwirtschaft einsetzt. Als einziger Ausweg galten mehr Events, Veranstaltungen und Konzerte, sowie deren Vermarktung. Der kurz daran anschließende Corona-Shutdown hat dann alle getroffen und aus den gewohnten Bahnen geschmissen. Jetzt brach auch noch der rettende Anker “Live ist die Lösung” weg. Sämtliche Planungen und damit verbundene Einnahmen waren innerhalb kürzester Zeit verpufft. Damit stehen nicht nur die Künstler selbst, sondern auch die traditionellen Verwertungsketten, von Managements, Veranstaltern, Merchandisern, Ton- und Lichttechnikern, einfach alle die in dem Live-Zirkus beteiligt sind vor ihrer größten Herausforderung.
Eines hat sich trotz diverser Krisen nie geändert: Die Begeisterung von Fans für “ihre Künstler”. So sind Fans schon immer ein Antrieb für Kreativität und Quelle für das Auskommen von Künstlern gewesen. Diese Rolle werden sie auch in Zukunft immer einnehmen. Die Digitalisierung ermöglicht Fan und Künstlern eine noch engere Bindung und intensiveren Austausch. Die Corona-Krise hat diese Relevanz noch gesteigert. Damit erhalten auch Direct-To-Fan Modelle einen deutlich höheren Stellenwert.
Ein gesundes Verhältnis zwischen Inhalt und Bezahlung nach einem Fairpay-Gedanken,
anstatt Gratis-Kultur, gestalterische Freiheit und direkter Austausch mit den Fans sind wichtige Kriterien für die weitere Existenzsicherung. Fans können demnach direkt für Inhalte bezahlen und erhalten dafür besonderen Content aus erster Hand - digital und physisch. Dies kann regelmäßig in Abo-Form, mit wiederkehrenden Content (Rewards) oder mit einmaligen Aktionen, wie u.a. Albumfinanzierung oder Einzelkonzerten geschehen - bestenfalls direkt mit Ticketing (getnext). Das Stichwort ist “Crowdfunding” - Geld, das auf Basis einer Gruppe, oder gerade den eigenen Fans, zusammenkommt.
Um die Fans zu Zahlungen zu bewegen, versuchen sich diverse Konzepte und Firmen. Unter anderem das US-basierte Patreon, das als “Abo-Plattform” nach eigenen Angaben mehr als 500 Mio Dollar zwischen Fans und Influencern jährlich vermittelt oder die klassische Vor-Finanzierungsplattform Startnext, bei der einzelne Projekte stattfinden. Einen weiter gefassten Ansatz verfolgt die in Deutschland neu gestartete Plattform getnext. Als klassische Marktplatzlösung verbindet sie erstmals Künstler und Fans unmittelbar und schafft dadurch eine kontinuierliche Partnerschaft. Dabei ist der Künstler selbst Anbieter seiner Inhalte - ob per Einmalzahlung oder Abonnement. So wird aus Crowdfunding ein nachhaltiges Fan-Funding. getnext sieht sich als Ergänzung - nicht als Ersatz - bestehender Erlösmodelle und dient der zusätzlichen Zukunftsabsicherung für Künstler und Marktteilnehmer. Gerade jetzt sollten diese fan-basierten Modelle im Planungshorizont für Künstler berücksichtigt werden.