Pudo

Die Protagonisten


Pudolino, der kleine Tiger 

Stadtgigolo und Räuberplotz. Seine Leidenschaft das Essen, sein Revier die Stadt. Nirgends kennt er sich besser aus als in seinem kleinen Dörfchen. Dort hat er alles fest im Griff, kennt jede Frittenbude, wickelt alle mit links um den Finger und selbst auf dem Wochenmarkt wird ihm der rote Teppich ausgerollt. Buntes Treiben, Partymusik und verlockende Düfte aller Küchen sind genau seins.

Mit Wald und Wiese hat er dagegen nix am Hut. Damit darf ich ihn nicht oft belästigen und er begleitet den kleinen Drachen nur gnädiger Weise zwischendurch auf eine kleine Runde. Er versteht das ganze Aufhebens um Mauselöcher oder Wildspuren absolut nicht und rollt darüber nur die Augen. Freiwillig würde er also nie einen Fuß abseits der Wege setzen und um ihn auf eine Wiese zu bitten, muss man schon tief in die Kekstasche greifen. Ein ausgiebiges Picknick auf seiner Decke ist dann eh obligatorisch, sagt der Tiger und lässt sich stets reich mit Kaninchenohren und anderem Knabberkram für seine Geduld mit uns bezahlen.


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Moka, der kleine Drache

Eine Quatschbacke vor dem Herrn. Nichts, rein gar nichts kann er unkommentiert lassen. Er ist unser Ordnungshüter und Aufpass-Polizist. Sein lockeres Mundwerk trifft bei anderen nicht unbedingt auf Gegenliebe, was ihm nicht sonderlich viel ausmacht. Denn auch er legt nicht viel wert auf andere und wird nicht müde, das lauthals kund zu tun. 

Deshalb ist sein bevorzugtes Revier die Einsamkeit in Wald und Wiese. Seinen scharfen Augen, seinen großen Ohren und seiner brillanten Nase entgeht dort nichts und er kann sich wunderbar Ewigkeiten damit beschäftigen, alle Spuren und Mauselöcher dieser Welt auszukundschaften. 

Seine Neugier, gepaart mit einer guten Portion Selbstständigkeit und jeder Menge überschäumender Emotionen würde die kleine, zappelnde Stressbüchse oft in den größten Schlamassel manövrieren - weise Voraussicht ist nicht unbedingt die Stärke des kleinen Drachen. Aber dafür hat er ja uns und nicht zuletzt auch den dreimal schlauen Tiger an seiner Seite. 


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Der Auftakt - Pudos Welt


Mittlerweile sind es über vier Jahre, in denen die beiden mit uns leben. In der Zeit ist viel passiert, es hat sich viel getan und viel verändert. 


Viele von euch kennen uns, manch einer hat unsere Geschichten mitverfolgt. Anderen ist vielleicht einiges neu und manche kennen uns vielleicht noch gar nicht. So hole ich euch gerne mit diesem Beitrag hier ein wenig ab und erzähle noch ein bisschen über uns.


Mittlerweile haben wir dem Stadtleben längst den Rücken gekehrt, wohnen etwas abseits allen Trubels, haben ein kleines Gärtchen und die luxuriöse Freiheit, unseren Hunden zu ermöglichen, ihren Alltag zu einem Großteil selbst zu bestimmen.


Heute sind wir also angekommen an dem von mir lang ersehnten Punkt, an dem die Zwei nichts mehr müssen. An dem wir den beiden Umwelt- und Rahmenbedingungen geschaffen haben, in denen sie einfach sein können und nicht mit tausend Herausforderungen im oft stressigen Alltag von uns Menschen konfrontiert sind. 


Alleine dies hat sehr viel bei den beiden verändert. Nicht mehr ständig diversen Reizen des Stadtlebens ausgesetzt zu sein und gleichzeitig viel mehr und eigenständig über sich und ihr Leben entscheiden zu können, hat die beiden wachsen lassen. Sie finden mehr und mehr zur Ruhe, sind selbstsicherer, abenteuerlustiger und unglaublich kompetent in ihrem Tun.


Man mag gar nicht glauben, wie spannend es ist und was man alles über seine Hunde, ihren Charakter, ihre Bedürfnisse und Wünsche lernt, wenn man ihnen den Raum dafür gibt, hinschaut, sie in ihrem Tun ernst nimmt und ihnen unterstützend zur Seite steht.


All das bedeutet für mich, in Freundschaft mit ihnen zu leben. Ich nehme sie ernst. Ich respektiere sie. Ich nehme sie, wie sie sind. Mit all ihren Wünschen, ihren Bedürfnissen, mit ihren Ideen und mit ihren Grenzen. Sie müssen nichts, dürfen „Nein“ sagen und unbedingt gerne eine eigene Meinung haben. Ich freue mich, wenn sie mir zeigen, was sie möchten und was ihnen wichtig ist. Ich interessiere mich für ihre Leidenschaften und genieße es sehr, an ihren Hobbys teilzuhaben.


Das bedeutet für uns Menschen manchmal eine ordentliche Portion Management im eigenen Alltag. Aber ich bin ein großer Freund davon, die Umstände an meine Hunde anzupassen so weit es mir möglich ist, statt meine Hunde in ein durch und durch menschliches Leben zu pressen und sie ständig mit daraus entwachsenen Erwartungen zu konfrontieren. 


Und siehe da! Ist der Erwartungsdruck erst einmal von ihren Schultern genommen, wachsen sie ganz zauberhaft über sich hinaus und hinein in ein harmonisches Gemeinsam, können immer mehr Dinge, an denen ich mir früher die Finger wund trainiert hätte und mit jedem einzelnen Tag werden sie großartiger und wachsen zu absolut einzigartigen Persönlichkeiten.


Was alles kann, wenn nichts mehr muss“ - (Sabine Wöhner, justfordogs.de)


ist damit also längst einer meiner Lieblingssprüche, die meinen Alltag mit meinen Jungs begleiten. Ein einfacher Satz und doch soviel Wahrheit.


Vielleicht also sind all die bunten Geschichten von Pudo und Moka am Ende doch auch irgendwie ein kleines Plädoyer. Ein Plädoyer dafür, die Perspektive zu wechseln und unsere Hunde aus einem anderen Blickwinkel zu erleben. Alles „sollte, hätte, könnte, würde“ bei Seite zu legen und den Blick darauf zu richten, was unsere Hunde ausmacht. Zu erleben und zu fühlen, welche großartigen, zauberhaften und liebenswerten Persönlichkeiten in ihnen schlummern, welch sagenhafte Fähigkeiten ihnen innewohnen. 

Ich jedenfalls habe bisher nichts als bereichernder erlebt, als mich auf meine Kröten und ihre Welt einzulassen - ein wirklich spannendes Abenteuer! 



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Komplizierte und unkomplizierte Hunde

Die Tage hat mich eine Freundin gefragt, ob ich mir für die Zukunft „leichtere“ Hunde wünschen würde, sollten meine beiden jemals irgendwann sterben. 


Die Frage hatte es in sich für mich. Denn was heißt eigentlich „leichtere Hunde“? 

Was sie damit meinte, war mir allerdings schon klar. Halt Hunde, die mir meinen menschlichen Alltag ein wenig leichter und unkomplizierter ermöglichen, als es mit meinen beiden der Fall ist.


Und je länger ich drüber nachdachte, desto klarer wurde meine Antwort in meinem Kopf: Ich glaube kaum, dass sich durch Hunde mit weniger Themen an Board irgendetwas in meinem Tun oder Leben ändern würde. 


Es bestünde zwar vermutlich weniger die Notwendigkeit, Dinge so zu gestalten. Aber tun würde ich es trotzdem. Vielleicht wäre es mit „leichten“ Hunden sogar ein bisschen schwerer. 


Mir ging es bei meinen beiden schon immer darum, heraus zu finden, wie sie leben wollen. Was ihnen wichtig ist, was ihnen Spaß macht und wie sie sich ihr Leben vorstellen. Nie darum, dass unser gemeinsamer Alltag unkompliziert ist.


Vermutlich fallen mir auch deshalb Begriffe wie „Besitzer oder Frauchen“ schwer und ich umgehe es lieber mit Sätzen „bei mir leben, zu meiner Familie gehören“. Am ehesten nenne ich mich noch „Mama“. Einfach, weil mir das Abhängigkeitsverhältnis schwer fällt, weil ich die Hierarchie eines Besitzers oder Frauchens im Kontext zu meinen Hunden nicht ertragen kann.


Pudolinchen wäre theoretisch gewiss ein „leichter“ Hund. Jemand, der sich meinem Alltag anpassen würde. Der mich mit ins Büro oder sonst wohin begleiten würde, sich zurück nehmen und brav warten würde und überhaupt überall seine Erwartungen an sein Leben zurück schraubt, solange er nur bei mir sein kann. 


Moka würde all dies nie machen. Moka ist ein Hund, der all sowas aufwändigst lernen müsste und vieles niemals schaffen könnte. Ein Hund, der einen zwingt, genau hinzuschauen und das eigene Leben an seine Bedürfnisse und Fähigkeiten anzupassen.


Aber hat nicht auch ein Hund wie Pudo das Recht darauf, dass ich genau hinschaue? Dass ich mein Tun hinterfrage, überlege, ob er auch so leben wollen würde? Dass ich stets genau hinhöre, was er eigentlich möchte, wie er sich seinen Alltag vorstellt? Dass ich ihn aus vollem Herzen ermutige, sein Leben selbst zu gestalten und munter den eigenen Bedürfnissen zu folgen?


Nein, auch wenn meine Hunde nicht wären, wie sie sind. Ich würde immer, immer alles daran setzen, dass sie sich trauen, eigene Entscheidungen zu treffen. Dass sie sich einen Alltag einrichten, der ihren eigenen Vorstellungen von einem gelungenen Tag entspricht. Es ist schließlich ihr Leben, nicht meines.


Das bedeutet für mich, auch in allerletzter Konsequenz auf sie und ihre Bedürfnisse zu achten, ihnen den Raum dafür zu geben und vor allem die Gewissheit für sie zu schaffen, dass sie mit allem, was sie ausmacht, gesehen und als eigenständige Person ernst genommen werden. 


Und deshalb werde ich niemals „leichte“ oder „komplizierte“ oder „unkomplizierte“ Hunde haben, die Platz in meinem Leben bekommen, sondern immer nur ein gemeinsames Leben mit ihnen in einer bunten Familie führen - das ist für mich ein wichtiger Unterschied.

Nicht-Ausflug

Früher bin ich noch oft Mittags mit beiden Hunden gleichzeitig raus gegangen und unsere gemeinsamen Spaziergänge waren schon immer sehr, sagen wir, speziell... Eben so, wie die Zwei nun mal unterschiedlich sind und ihre grandiose, ganz eigene Meinung zu den Dingen haben.

Eine Morgenrunde habe ich damals danach aufgeschrieben und ich erinnere mich noch heute mit großer Freude daran:


Heute musste ich ausnahmsweise schon morgens mit beiden zusammen raus. Keine Stadtrunde für Pudo. Die erste Enttäuschung! Nur widerwillig ist er mit uns die Auffahrt raufgegangen. Denn - morgens nicht in die Stadt zu gehen, das verdirbt dem Tiger wahrhaft die Laune. Und auch Moka hat sein erstes Fett wegbekommen, als wir die gruseligen Bauarbeiter an der Ecke treffen mussten. Im Auto hab ich beiden versprochen, dass es gleich großartig wird und wir einen tollen Ausflug auf die Felder machen. Geglaubt haben sie mir nicht und Mokas Knatschen ließ mich selbst fast selbst an meinen Worten zweifeln. Zurecht.


Am Ausflugsziel angekommen starteten wir mit lautem Gebrüll, einer dicken Drachenbürste und jeder Menge wildem Schnauben und Schnorcheln zwischen den unflätigen Wutausbrüchen des kleinen Herrn Moka…

Pudo fand Mokas theatralische Aufführung eh schon mehr als überflüssig und als er dann unseren Ausflugsort bewusst erfasst hat, ging seine Begeisterung gleich ganz in den Keller. Zack, hat er kehrt gemacht, mir sogleich pragmatisch an den Autoreifen gekackt und anschließend mit seiner ewigen Trödelei auf dem letzten Fitzelchen Asphalt deutlich mitgeteilt, dass er nicht ernsthaft gedenkt, uns auf die matschigen Wege zu begleiten.

Moka hatte derweil nur im Sinn, den blöden Hund aufzuspüren, dessen fieser Geruch in der Luft hing und hat Zug auf die Leine gebracht, dass jeder Ochse staunen würde. Unser Start also mehr als bescheiden. Und das vor dem ersten Kaffee…


Nach einer kurzen Pause, erneuter, eindringlicher Versicherung, dass das gleich noch schön wird, sind wir tatsächlich doch ganz gut gemeinsam losgezogen. Wir hatten ganze fünf wundervolle Minuten. Ich war wieder guter Dinge. Pudo dagegen nicht mehr. Nach wenigen Metern stand er. Wie ein Fels in der Brandung. Und Moka stand auch - im Ende seiner Schleppleine, auf der er frustriert und ungeduldig rum nuckelte. Nach Aufbringen aller nur erdenklichen Überredungskünste hat Pudo sich herab gelassen, uns doch noch weiter zu begleiten und sich für jeden einzelnen Schritt gierig mit Keksen bezahlen zu lassen.


Meine Hoffnung lag auf der nächsten Kurve, ab wo es bergab geht und für Pudo damit mehr oder weniger „Heimweg“ beginnt. Heim geht er ja immer gerne. Und so war es. Er ist eiligen Fußes auf die Kurve zu gedüst, ich atmete erleichtert auf und pfiff dann überrascht die Luft aus: Statt den Weg gerade aus zu gehen, marschiert der Tiger direkt und ohne Umschweife in den halb verwachsenen Pfad, der wenige Meter parallel zu unserem Hinweg sofort zurück zum Auto führt. Pudo freiwillig durch hohes, wildes Gras! Das hasst er noch mehr als spazieren zu gehen. Er hatte die Faxen also echt so richtig dicke und wollte unseren „wunderschönen Ausflug“ für nichts in der Welt länger erdulden.


Moka stand derweil längst auf dem offenen Feld, hat den Mäusen Guten Tag sagen wollen und von Pudos Abflug noch rein gar nichts mitbekommen.


Und da stand ich. Pudos Ohren für jedwede Bitte zur Umkehr oder Warten auf Durchzug. Sehr wohl aber immer ein Ohr nach hinten gerichtet, um zu horchen, ob wir gleich brav folgen werden. Unbestritten, dass Pudo seine Entscheidung stoisch durchziehen wird.


Den armen Moka also mit Richtungswechsel vom Feld gepfiffen und dem Tiger nachgeschickt. Das fand Moka glücklicherweise richtig großartig - einmal richtig Vollgas geben und Pudo überholen - klasse!!!

Damit hat der Herr Drache aber seine volle Begeisterung für unseren Ausflug entfaltet und wollte so unbedingt gerne noch mit mir vorne aufs Feld. Wenigstens 5 Minuten musste ich ihm doch zur Versöhnung gönnen! Vor allem, weil wir heute den Rest des Tages nur in den Garten können. 

Also wieder, Pudo mit aller Kunst überredet, ihm ausserdem seine Decke ausgebreitet, damit er seinen Pöppes nicht in die Wiese setzen muss und ihn mit einem Kaninchenohr bezahlt. Das zieht immer und sollte an Zeit für Moka und mich reichen. Dachte ich jedenfalls naiv und hab die Rechnung ohne Pudo gemacht…Denn der kleine Lockenhund schnappte gierig sein Kaninchenohr, schaute die Decke an, schaute mich an und trabte mit Beute im Maul unbeirrt zurück auf den Weg und watschelte damit stoisch wie nur Pudo das kann zum Parkplatz.


Da blieb nix als den armen enttäuschten Moka einzusammeln und mit gemeinsam hängenden Köpfen hinter Pudo her zu trotten. Der wiederum hat uns mit einem vernichtendem Blick „Na, geht doch!!!“ in Empfang genommen und sein blödes Kaninchenohr sehr zufrieden mit sich gemütlich im Auto gegessen. 

Moka und ich standen dann noch ein bisschen bedröppelt auf dem Parkplatz rum und ich musste immer wieder grinsend den Kopf über den eigenwilligen Herrn Pudo schütteln. Hatte sich was mit Ausflug. Wenn man morgens nicht in die Stadt darf, macht alles andere scheinbar auch keinen Sinn.


Und den vielen Diskussion darüber zum Trotz: Ich liebe meine Hunde genau deshalb. Weil sie einen eigenen Willen haben. Weil sie jeden Versuch der Manipulation mit stoischer Konsequenz beantworten. Weil sie so großartig geworden sind, sich nicht verbiegen zu lassen. Und weil auch solche Nicht-Ausflüge grandios sind und auf jeden Fall mit einem Lächeln für immer in meiner Erinnerung bleiben.

Wir gehören zusammen, wir bleiben zusammen


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Eine ganze Weile ists schon her und eine Menge hat sich verändert. Aber damals, nicht lange nach unserem Umzug, stand ich vor einer absolute Mutprobe für mich, dem damals noch sehr gestresstem, kleinen Drachen einen ziemlichen Vertrauensvorschuss zu geben. Und habe tatsächlich ein riesiges Geschenk von meinen beiden Jungs dafür an mich zurück zu erhalten.


Pudo geht ja prinzipiell nicht so gerne in den Wald, schon gar nicht bei dem Regenwetter. Zudem ist ihm so wichtig, auf den ersten hundert Metern richtig satt zu bummeln und zu dödeln. Moka das genaue Gegenteil, er ist auf den ersten Metern gerne zügiger, bis die ersten Geschäfte erledigt sind. Vorher kann ihn Pudolinos Bummelei schon arg stressen. Ich vermittle also immer zwischen den beiden und finde meist annehmbare Kompromisse.


Heute kam aber - mal wieder - dazu, dass Pudo oft minutenlang horchend und schauend stehen geblieben ist und Mokas Geduld sich dem Ende neigte. Nach weniger als 50 Metern erklärte Pudo dann auch eindrücklich, dass wir keinen Schritt weiter in den Wald gehen dürfen. Ihm sind Wildtiere wirklich sehr gruselig und unbehaglich und irgendwas hatte er in der Nase. Moka hingegen hat noch lange nichts angezeigt und blieb zumindest diesbezüglich entspannt. Für mich eindeutig, dass nichts mehr in unserem Radius ist und Pudo, der Waldfürchtige, wohl einen alten Geruch hat, der ihn zaudern lässt.


Tja, da stand ich: Ein Hund, der dringend umkehren will und den ich nicht nötigen möchte. Und ein kleiner Drache, der unbedingt vorwärts will, ungeduldig in der Leine zappelt und frustriert darauf herum kaut, ausserdem dringend aufs Klo will und noch immer nur auf ritualisierte Plätze geht. Und der war noch zwei Kurven entfernt. Wie löse ich das?! Pudo zwingen, der so deutlich nein sagt? Oder Moka nicht aufs Klo lassen? Nein. Das geht so nicht, armer Pudo! Aber armer Moka! Wer nur soll zurück stecken?!


Ach, scheiß drauf, irgendwann musst du auch mal loslassen. Gemeinsam ist das Zauberwort. Beide Jungs fragend beobachtet, ob fremde Hunde den Weg lang kommen. Das zeigt Moka ja immer sehr zuverlässig sehr früh an und wir schlawinern eh immer in recht einsamen Gegenden. Nein, keine Hunde? Super. Dann ab die Post, kleiner Drache. Leine los und schleppen lassen, dass er zumindest schon mal weiter vorne Pipi machen kann. Ihn gebeten, in Sichtweite zu bleiben. Aber nein, er marschiert zielstrebig durch hinter die Kurve. Okkkkeeyyy, locker bleiben, atmen - er kann das, wir kennen schleppende Leine und zusammen bleiben von den Wiesen, er wird das auch im Wald meistern und nicht abdampfen. Atmen!

Und tatsächlich! Da sehe ich doch seine Öhrchen noch durchs Dickicht schimmern - der kleine Kerl steht doch wirklich direkt hinter der Kurve, wartet und schaut zu uns rüber. Wahnsinn!!! Und dann kommt er glatt ein paar Meter zurück und fragt, wie es weiter geht! Tschakkka! 

Check, klappt! Danke, du superduper Drache!!!


 Tja, und - wie geht es denn nu weiter? Pudo sieht Moka dort unten warten und lässt sich Gottseidank tatsächlich von mir beruhigen, dass wir gefahrlos noch ein Stückchen weiter auf die Kurve zugehen können. Tapfer marschiert er Schritt für Schritt den Weg mit mir runter Richtung Kurve und bleibt wie erwartet auf der Hälfte der Strecke stehen. Aber super, das reicht! 

Pudo rasch versichert, dass alles gut ist, er hier warten kann und ich nur rasch runter zur Kurve gehe, von der aus ich beide Schätze dann gut sehen kann. 

In der Kurve Moka wohlverdient mit seinem Drachengold bezahlt und ihn dann mit einer Handbewegung "ab die Post mit dir" aufs Klo geschickt. Und zack ist er den Weg runter gewetzt und ab in seinen wohlvertrauten Busch. Ich stand aufgeregt, ein bisschen angespannt, aber tapfer am Vertrauen festhaltend in der Kurve, Pudo geduldig wartend einige Meter über mir, Moka einige Meter weiter unten in seiner privaten Toilette.


Nicht lange und der kleine Drache kam erledigter Dinge aus dem Busch gedüst, stoppte abrupt auf dem Weg, schaute nach rechts, schaute nach links und kam tatsächlich strahlend im Affenzahn zu uns angeflogen. Er hielt neben mir, nahm gerne einen Keks und schaute zu Pudo rauf. Ein winzig kurzer Blickwechsel zwischen den Jungs und zack - Pudo drehte auf dem Absatz rum und Moka folgte ihm wie selbstverständlich einfach so zurück zum Auto. Thema "Spazieren" ganz ohne mein Zutun zwischen den beiden geklärt und mit einem einzigen Blick von Pudo vom Tisch. 


Die beiden, so unterschiedlich wie Tag und Nacht, sind tatsächlich zu einem Team gewachsen. Trotz ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen haben sie es heut so deutlich gezeigt: Wir gehören zusammen, wir bleiben zusammen. Ich platze vor Stolz!

Von Männerschnupfen und Knallfröschen

Wenige Wochen nach unserem Umzug wurde Marcus krank. Männerschnupfen. Ergo: Die Welt stand kurz vorm Untergang. Darüber kann ich selbst immer gut schmunzeln. Moka, unser kleiner Drache, bis heute leider nicht und damals schon gleich dreimal nicht.


Unser Stimmungssensibelchen wurde davon vollkommen aus der Bahn geworfen und war seinerseits nun absolut überzeugt, dass nichts mehr zu retten ist und wir alle hoffnungslos verloren sind. 

Junge Junge - was hatte ich hier die Puppen tanzen. Moka hat in einem fort gebrüllt, gequietscht, sich selbst in Rage gebracht, unfähig auch nur eine Sekunde Luft zu holen. Er war so aufgeregt, dass Spazieren nicht drin war, er vor Stress auch im Garten nicht aufs Klo konnte und er überhaupt nur am Teller gedreht hat. Die freundliche Frage der Nachbarn, ob es denn bei uns irgendwann ruhiger wird, ließ ich mit einem gequälten Lächeln unbeantwortet. Zu allem Überfluss sind mir die Plissees mit einem lautem Knall vom Fenster gedonnert und Moka saß sofort wie ein Häufchen Elend zitternd und fiepend in der Ecke. 

Während ich mich dann um den kleinen Angstdrachen gekümmert habe, hat Pudo durch das nicht mehr verdeckte Fenster die Pferde auf der Wiese entdeckt und seinerseits beschlossen, sich darum zu kümmern. Mit einem verzückenden Engagement hat er den lautesten Pferdeschutzzauber durch die Welt gebellt, den ich je von ihm hören durfte. Das hat Moka natürlich noch wahnsinniger gemacht, denn wenn Pudo bellt - dann ist es ernst! 


Ich also den zitternden Drachen im Arm und Pudo blindlings Kekse rüber geworfen. Und was hat man davon, wenn man so einen schlauen, aufgeregten Räuberpudel mit unbedacht geworfenen Leckeren einfach nur ruhig stellen will? Ja genau, noch mehr Bellen. So schnell kann man bei Pudo gar nicht gucken, wie er checkt „Fenster anbellen = lecker“. Jetzt hatte ich also zwei Krachmöhren und einen Höllenlärm in der Bude, was zu einem genervtem Grummeln und Motzen im Schlafzimmer vom dahin siechendem Mann führte. Das brachte für Moka natürlich das Fass gänzlichst zum Überlaufen und ich hatte meine liebe Not, selbst Ruhe zu bewahren und meinen Mann nicht persönlich ins Jenseits zu befördern. 


Aber gut. Pudo ist mindestens so kooperativ wie schlau. Ihm das Plissee an einem anderen Fenster auch aufgemacht und einen Platz davor angeboten, von wo aus er alles besser überblicken kann und die Pferde weniger gruselig aussehen: Ruhiges Pferdekino gucken und ich komme alle paar Minuten vorbei und bringe ihm Popcorn. Fand er super. Pudo zufrieden, ich volle Konzentration auf Moka. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte Moka sich etwas beruhigen und langsam aus seiner Decke aus meinem Arm raus krabbeln. 


Ich hörte von oben Rumpeln und Schritte. Mein Mann kam runter, verkündet, er kann bei dem Radau eh nicht schlafen, er käme jetzt mit aufs Sofa. Für Moka untragbar - den Weltuntergang persönlich in seiner Nähe - ein No Go. Während der wehleidige Mann die Treppe runter schlappt, läuft mein Tag vor meinen Augen ab: Drei Kaffee kalt und ungetrunken, kein Frühstück, kein Mittagessen, nicht geduscht, mehrfach Hundepippi gewischt, keine 5 Min Pause für mich, zwei überdrehte, übermüdete Hunde oder eher hüpfende Knallfrösche an meinem Rockzipfel. Das ist genug. Da braucht es nicht noch einen Mann in der Reihe. Krank hin oder her. Ich hatte genug. Den Mann also unter die Dusche geschickt und eiskalt rausgeworfen. Ab zu seinen Eltern. Kann er sich doch da die Nase putzen und sich trösten lassen. Sein Blick bei meiner Ansage: Unbezahlbar. 


Mann weg, ich ratzifatzi zwei große Schüsseln Junkfood aufgefüllt - scheiß auf Abendessen, Chips sind super. Ab ins Bett mit den Kröten. Gott, war das gut! Die Jungs haben mit Freude ihre Hundekekse genascht, sich in meinem Arm eingekringelt, wir haben uns einen guten Film angesehen und dann sind die beiden endlich friedlich ins Traumland gereist. Haken an den Tag. 

Mit so einem kleinen Drachen hat es halt manchmal schwierige Tage. Aber es lehrt mich, die guten Tage noch mehr zu schätzen. Es bringt mich dazu, die zuvor so gut gelaufenen Wochen mit beiden noch einmal mehr zu würdigen und einfach absolut nichts jemals als selbstverständlich hinzunehmen…


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Die Geschichte vom kleinen Drachen


Heute mag ich euch die Geschichte von Moka, dem kleinen Drachen erzählen. 


Moka ist 7 Monate nach Pudo bei uns eingezogen und seit ich noch einmal darauf geschubst wurde, wie sehr sich Moka entwickelt hat, will mir das nicht mehr aus dem Kopf und aufs Blatt Papier. Denn ja, es ist schier unglaublich, was dieser kleine Hund auf die Beine gestellt hat.


Eigentlich ist es eine völlig typische Geschichte eines ängstlichen Tierschutzhundes wie sie gewiss tausendfach erzählt werden könnte. Aber es ist eben Moka, mein Hund. Wen wundert es also, dass mich das kleine Drachenherz so sehr berührt.


Ich fange einfach ganz vorne an, auch wenn ich ahne, dass mir wenig Worte nicht gelingen werden. Moka wurde wie so viele andere Hunde in der Tötung entsorgt und mit ca. 1 Jahr in den Tierschutz gerettet. Dort lebte er im Großgehege, wo er laut hören sagen von den anderen Hunden gejagt und angegriffen wurde. Er hatte Angst und rannte panisch und gehetzt umher. Am nächsten morgen war er verschwunden und sie dachten ihn verloren. Sie fanden ihn erst nach gründlicher Suche wieder. Er lag vom Regen völlig durchnässt, zitternd und am Ende seiner Nerven versteckt hinter einem Busch, welchen er sich in seiner Not als Schutz hergenommen hatte. Danach fristete Moka die nächsten 4 Jahre in einem kleinen Bereich mit einer Vielzahl wechselnder Hunde, verbrachte dort den Rest seiner Jugend und den Beginn seines Erwachsenendaseins mitten im Nirgendwo, ohne nennenswerten menschlichen Kontakt. Was in seinem ersten Lebensjahr mit ihm geschah, werde ich nie in Erfahrung bringen. Und sein körperlicher Zustand sagt mir, dass ich es auch gar nicht wissen möchte.


Als Moka zu uns kam, war er ungefähr 5 Jahre alt. Die Reise zu uns war eine Odyssee, die ihm alles abverlangt und ihn mehr gekostet hat, als ich ihm je hätte zumuten wollen. Kurz vor seiner Ausreise stand das private Tierheim vor dem Aus und die über 250 Hunde wurden in einer notwendigen Hau-Ruck Aktion auf alle möglichen verfügbaren Stellen verteilt. 

Nach 4 Jahren des Nichts die erste Veränderung, die über ihn herein brach. Von Menschen gepackt, in eine Box mit anderen Hunden geschoben, in eine schnelle Notunterkunft gekarrt. Dort zwischendrin für die notwendigen Untersuchungen beim Tierarzt herausgerissen und zurück ins Not-Asyl, bis seine Ausreise zu uns endlich anstand. Wieder in die Box und der leidvolle Flug zu uns nach Hause. Während des Flugs sitzen immer mehrere Hunde in einer einzigen Box und in Moka´s Fall sage ich schrecklicherweise, denn ich will nicht wissen, wie Moka´s Flugbegleitung das überlebt hat. Denn Moka war am Ende. Er hat wohl schon ab dem Moment, in dem er gepackt und reingeschoben wurde, wie am Spieß um sein Leben geschrieen und bis zum Ausladen nicht damit aufgehört. Er hat versucht, sich durch die Box zu fressen. Sein Bauch war randgefüllt mit Plastik. Ein Tag voller Todesangst.


Nach 4 Jahren des Nichts Erlebens ist alleine in den 3 Wochen bis zu seiner Ankunft bei uns so einiges bei ihm kaputt gegangen und zerbrochen. Wie oft habe ich an unserer Entscheidung gezweifelt, wenn ich den kleinen Drachen daheim angesehen habe. Die damals ernsthaft drohende Euthanasie hätte ich ihm niemals nie gewünscht, nur - was hab ich ihm als Alternative aufgezwungen? Und wie gerne hätte ich ihm bei uns eine Insel der Ruhe und Erholung geboten, einem Ort, an dem er heilen kann. 

Stattdessen ist er bei uns mitten in der Stadt gelandet. Im Gebrause von zig Geräuschen des menschlichen Daseins, des Verkehrs, der Schule und des Spielplatzes gegenüber. In einem hellhörigem Altbau. In einer Wohnung eingeschlossen mit Menschen. Und dieses Set Up ausgerechnet für einen Hund, dem ein Leben mit Menschen fremd ist, der offensichtlich ausreichend Gewalterfahrungen hinter sich hat, der anscheinend noch nie in einem Gebäude war und eigentlich überhaupt gar nichts kennt ausser diese kleine Terrasse in der Sonne Portugals. Was haben wir ihm angetan? Er muss sich mitten in der für ihn unbegreiflichen Hölle wieder gefunden haben.


Und genau so hat er sich verhalten. Er hat geschrien, getobt, randaliert. Hat sich auf dem Sofa seinen Schutzraum eingerichtet und hat Selbiges nur zum fressen und pinkeln verlassen. Und dann war da ja auch noch Pudo…Hätte Moka ihn in die Finger bekommen, er hätte ihn bei lebendigem Leib gehäutet.

Wir haben jede einzelne Tür mit Kindergittern gesichert, die Zimmertüren verschlossen und gefühlt eine Ewigkeit getrennt geschlafen. Mein Mann bei seinem kleinen Drachen, ich mit Pudo im Schlafzimmer.


Tagsüber sind Pudo und ich ins Büro geflüchtet und ich habe alles dafür getan, dass Pudo den Einzug des brüllenden Drachens emotional irgendwie unbeschadet und möglichst unbehelligt verpackt. Und was ist Pudo doch für ein toller Hund, der das Ganze sehr schnell für sich angenommen und gelöst hat. Wie schnell hatte er raus, dass jedes erschreckende Bellen von Moka Kekse bedeutet. 

Mit Moka war es schon schwieriger und ich musste hart daran arbeiten, mich und Pudo in sein Herz zu keksen. Ich weiß nicht mehr, wie lange es gedauert hat, bis er nicht mehr trotz verschlossener Tür mit voller Wucht von innen gegen das Kinderkinder gedonnert ist, wenn Pudo und ich nur einen Pieps gemacht haben.


Aber irgendwann war es geschafft und das Drachenkind hing nicht mehr schreiend, sondern kehlig fauchend am Gitter und wollte unbedingt begrüßt werden. Ab da begannen wir, eine Familie zu werden.


Moka hat uns allesamt adoptiert, hat sich an uns gebunden und wollte mitmachen. Wir dachten, das Schlimmste sei geschafft, es geht aufwärts. Alles würde leichter. In Wahrheit begann unsere Arbeit dort erst. Denn, jetzt, wo Moka beschlossen hatte, sich sein neues Leben anzuschauen, hat er sich mit der Welt beschäftigt und das Ausmaß seiner Ängste trat aufs Tapet.


Alles, einfach alles war gruselig und angsteinflößend. Jedes Geräusch, jede Bewegung. Sich öffnende Schubladen, Schlüsselgeklapper, duschen, Zähne putzen, Kochen, Fernsehen, alles von draußen und im Treppenhaus, Regen auf der Scheibe, vorbei fliegende Vögel. Die Liste war endlos und Moka gleichzeitig unfähig, sich auch nur irgendeinem Reiz zu entziehen. Kurzum, sein Glas war immerzu randvoll und lief mit jedem Pups sofort über.


Wir hatten alle Hände voll zu tun, über Management dafür zu sorgen, dass sein Stress zumindest nicht permanent eskalierte, im roten Bereich hing er kontinuierlich. Von Entspannung aufbauen konnte noch lange nicht die Rede sein. Einfach alles war zu viel.


Und wie leicht ist es, Empathie und Fürsorge für einen ängstlichen, zusammengekauerten Hund zu empfinden, bei dem alleine der Anblick jegliches Schutzbedürfnis in einem weckt. Und wie viel Energie kostet es dagegen, selbiges für einen kleinen Drachen zu spüren, der die Wohnung rund um die Uhr mit guten 120 Dezibel beschallt, alles hysterisch anschreit, ständig auf 180 ist und einfach einem pulsierendem Pulverfass gleicht. Wieviel Kraft hat es uns gekostet, nicht vom permanent anwesendem Stress dieses kleinen Hundes mitgerissen zu werden, sondern gelassen zu bleiben und sein Ruhepol zu sein.


Ja, wir haben über Abgeben nachgedacht. Denn konnten wir es dem Drachen wirklich zu muten, in der Stadt zu wohnen? Wieviel Zeit seines Lebens müsste er verschwenden, um das zu lernen? Aber wer würde so einen Hund aufnehmen wollen? Wer würde unseren Anforderungen an sein Zuhause gerecht werden können? Würde er selbst überhaupt eine weitere, so einschneidende Veränderung überstehen? Nein - Abgeben kam für uns nicht in Frage. Wir haben Moka diese unerträgliche Suppe eingebrockt, also löffeln wir sie für ihn auch aus. Wir haben uns noch mehr ins Zeug gelegt, noch mehr angepasst, noch mehr gelernt, noch mehr gemanaged. Es ist unvorstellbar, an wie vielen Schrauben man noch drehen kann, wie kreativ man wird, auch, wenn man es selbst vorher nicht für möglich gehalten hätte. Gleichzeitig haben wir uns auf die hoffnungsvolle Suche nach einem neuen Zuhause für uns alle vier gemacht.


Auch, wenn wir ihm im Verlauf so viele Hindernisse als möglich aus dem Weg geräumt haben und vieles gemeinsam entgruseln konnten, blieben bis zum letzten Tag einfach doch Dinge des Alltags, die wir nicht ändern konnten. Nur abmildern. Die trotzdem stetig Tropfen für Tropfen sein Glas füllten. Ich habe die Schul- und Pausenzeiten auswendig gelernt, wusste, wann die Busse ankommen, wann Nachbarn kommen und gehen. Wann ich Fenster und Türen zur Geräuschdämpfung abhängen muss, wann wir nur hinten im hintersten Teil der Wohnung sein dürfen, wann die ruhigsten Phasen draußen sind, die wir unbedingt für seinen Schlaf nutzen mussten. Mein Tag war bis zu letzt getaktet in die Timeslots, die uns die Rahmenbedingungen der Stadt vorgaben.


Fragt mich nicht, wie Moka es insgesamt so schnell geschafft hat. Aber er hat es geschafft, sich ein gutes Stück qualitatives Leben anzueignen. Trotz all der für ihn anstrengenden, teils furchteinflößenden Umstände hat ihn die Neugier auf sein Leben gepackt. Durch viele enge, teils recht abstruse Rituale und Ticks hat er sich einen Rahmen geschaffen, in dem er für sich ein Stück Kontrolle über die für ihn unergründliche Welt gewonnen hat. Wir haben alles daran gesetzt, uns an seine Regeln und Abläufe zu halten und ihm jeden Raum zu geben, den er brauchte.


Und da fing auch die Gratwanderung an. Denn Moka wusste zwar stets genau, was er nicht will. Und er wusste oft, dass er will. Aber nur selten, was er will. Und schon gar nicht, was ihm gut tut. Und seine Neugier tat ein Übriges dazu, dass er sich selbst ins Karussell schickte. Er drehte sich im Kreis, schaukelte sich selbst hoch, unfähig, einen Ausweg aus dem Dilemma seiner Bedürfnisse und Emotionen zu finden. 


Er ist ein überaus eigenständiger Hund, der eigene Ideen und Lösungen verfolgt, der sehr deutlich für seine Meinung eintritt und - koste es, was es wolle - seiner Neugier schlicht nicht widerstehen kann. Er ist durch und durch emotionsgetrieben und so war und ist er noch immer ein Meister darin ist, sich selbst in den größten Schlamassel zu katapultieren. Davor mussten wir ihn bewahren, sanft lenken und leiten. Die Welt für ihn dosieren. Und das während unsere Beziehung noch auf sehr dünnem Eis stand.


Jede Einmischung in sein Tun war dabei übergriffig für ihn, jede noch so kleine Bewegung konnte er oft nicht deuten, ahnte Furchtbares oder war tief frustriert, aber so oder so - entweder er kippte in Angst oder in die Eskalation. Von Begrenzungen ganz zu schweigen. Begrenzungen jeder Art waren sein Albtraum. Ihn über die Leine vom Unheil einer nicht zu bewältigenden Begegnung zu bewahren, mit ihm auszuweichen, anhalten zu müssen, angesprochen zu werden, einfach egal was - er platze. Und zwar richtig. Wir haben mühelos Kinder auf der anderen Straßenseite zum Weinen gebracht, uns sämtliche Beschimpfungen aus aufgerissenen Fenstern abgeholt, die Nachbarin aus Angst vor Moka zur Flucht vom Treppenhaus in den Keller getrieben, von den freundlichen Gesten anderer Hundebesitzer will ich gar nicht reden. Nein, Moka hat sich nicht viele Freunde gemacht und es gab ausser uns nur die Trainerin, die sich ihm überhaupt nähern durfte. Aber wer sollte unter seinem Gebrüll schon erkennen, was da für ein kleines, sensibles Drachenherz schlägt?


Draußen trieb ihn immerzu alles nach vorne. Er hatte keine Zeit, sich irgendetwas anzusehen, rannte seinen Stress raus, saugte alle Reize auf und war nach 2 Minuten schon voll. Zurück zum Auto? Stehenbleiben? Das alles war für ihn keine Option und brachte ihn noch mehr in Rage. Ihn von irgendetwas zu überzeugen? Keine Chance. Alles musste Sinn für ihn ergeben. Aber noch machte in der neuen Welt einfach rein gar nichts Sinn für ihn.


Aber auch das haben wir mit viel Ruhe geschafft und uns ein oder zwei abgelegene Orte erarbeitet, an denen er sich auf die Welt einlassen konnte. Wir starteten immer mit einem soliden Grundstresspegel, der einfach den Lebensumständen in der Stadt geschuldet war. Aber es hat sich gelohnt. Unsere recht kurzen Ausflüge wurden zum heilenden Gegengewicht für ihn. Er konnte dort in einer Welt leben, in der er frei und locker wurde, wo er nicht mehr hinter jedem Geräusch und Gebüsch Monster vermutete und längst nicht mehr nur nach vorne drängte. Ja, er wurde sogar richtig ausgelassen und fröhlich dort draußen. Und damit aufgefüllt hat er auch das Leben zuhause immer besser bewältigt oder eher als notwendiges Übel in Kauf nehmen können.


Und so wuchsen wir über die schönen und über die schlechten Erlebnisse immer mehr zusammen. Schafften immer mehr Dinge gemeinsam. Wir akzeptierten jedes „Nein“ von ihm, schauten uns jedes „Ich will aber“ an und änderten einfach immer nur die Rahmenbedingungen, dass wir ihm das irgendwie stressfrei ermöglichen konnten. Wir waren einfach so gut es ging an seiner Seite und unterstützten seine eigenen Strategien und Ideen, egal wie unangenehm sie für uns waren. Er wiederum begann, uns einzubeziehen. Uns zu fragen. Uns konkret als Lösung zu sehen. Sein hysterisches Gekeife wechselte immer mehr zu völlig normalen Bellen und Bescheid sagen. Mit uns auszuweichen schien ihm mehr und mehr eine gute Idee, die Leine war keine Einschränkung mehr, seine Kopflosigkeit wurde weniger und wir durften ihn bei Angstattacken aktiv unterstützen. Der Tag, an der er sich von sich aus in meinen Arm gedrückt hat und gehalten werden wollte, alleine den Tag werde ich nie vergessen.


Ja, trotz der Stadt, trotz aller Umstände, seinen permanent anwesenden, aufreibenden Rückenschmerzen und dem verbliebenem Grundstress war der kleine Drache schon in der Stadt mehr oder weniger über dem Berg. Er wurde in der für ihn geschaffenen kleinen Blase ein fast normaler Hund, wenn es denn sowas überhaupt gibt. Ein normales Leben mit ihm war nicht möglich, aber er hatte ein Leben, das annähernd lebenswert wurde. Unsere gemeinsamen 1,5 Jahre dort in der Stadt waren eine unglaublich emotionale, anstrengende und berührende Zeit.


Aber sie hat uns alle viel gekostet. Abgesehen davon, dass wir wichtige Aufträge im Job vergeigt und durch Moka verloren haben, unsere Familien nicht mehr sehen konnten, Freunde allenfalls auf SMS hoffen durften und es kaum Platz für unsere eigenen Bedürfnisse gab, hat es uns unendlich Kraft geraubt, die beiden Jungs immer und immer wieder unbeschadet durch den Alltag zu manövrieren. 


Die Zeit in der Stadt hat in mir so einen Groll und so eine Abneigung wachsen lassen, dass ich kompromissloser bin denn je. Meine Hunde sollen einfach nie wieder irgendetwas müssen. Nichts mehr aushalten. Sich keinen Umständen mehr beugen. Und ich kein Leben für sie um alles herum stricken, damit wir überhaupt atmen können. Das und nichts anderes war das Ziel unseres Umzugs. Sie sollten frei sein. Wir wollten frei sein.


Und genau da sind wir jetzt. In unserem neuen Zuhause. Fernab der Stadt. Erlöst davon. Selbstverständlich haben wir auch hier ein Leben mit ganz normalen Anforderungen, wir haben unsere Jobs, unseren Alltag, und ja - auch zwei Nachbarn. Aber all das ist nichts im Vergleich. Hier können wir einfach „sein“. Nicht mehr, nicht weniger. Genau das, was wir vier alle dringend benötigt haben.


Schon seit Pudos Einzug und seit Moka um so mehr, umtreiben mich immerzu aufs Neue Gedanken und Fragen, was wir unseren Hunden alles zu muten. Wieviel wir tatsächlich gewollt oder ungewollt von ihnen erwarten und voraus setzen. Wie viele Hunde sich bemerkenswert anpassen oder auch über Training zu etwas geformt werden. 

Und dann gibt es eben Hunde wie Moka, die das nicht machen. Die einem all das mit geballter Emotion vor die Füße spuken. Gott sei Dank! Wieviel habe ich von dieser wunderbaren, knalltütigen Seele lernen dürfen, wieviel hat Moka mir von sich gezeigt, wieviel hat er mich fühlen und lernen lassen. Das ist einfach unbezahlbar.


Und was jetzt hier im neuen Zuhause mit Moka passiert ist, das muss ich euch ja gar nicht erzählen. Ihr alle wisst sicherlich selbst sehr gut, was passiert, wenn man Hunden Last von der Schulter nimmt, der Druck raus ist, sie nichts mehr müssen und einfach sein dürfen.


Ich würde zwar lügen, würde ich behaupten, Moka sei sofort nach dem Umzug wie ausgewechselt und alles schon durchweg ein Kinderspiel gewesen. Nein, das war es wahrlich nicht. Aber es war mir egal. Es kümmerte mich nicht. Denn Moka begann, Spaß zu haben. Er probierte aus und begann, sich seine Welt selbst kunterbunt nach Herzenslust zu gestalten und auszuweiten.

Ihm dabei zuzusehen, das war und ist für mich die allergrößte Freude. Und ihm diesen Raum zu geben das Mindeste, was wir ihm schuldig waren. Jetzt kann der kleine Drache so groß werden wie er möchte.



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Keks-Nachschub

  • 2,00 € per month
  • approx. $2.12 per month

Kekse dürfen niemals ausgehen, finden die Zwei. Niemals nie ziehen sie ohne reichlich knuspernden Proviant in ihre Abenteuer. Mit einem leckeren Keks im Mund ist das Leben nun mal gleich viel fröhlicher. Und Recht haben sie.

Mit diesem Reward könnt ihr den beiden monatlich einen extra Schwung Kekse in ihren Proviantbeutel füllen und keine Sorge - ich pass auf, dass Pudo die Köstlichkeiten auch wirklich mit dem kleinen Drachen teilt.

Nichts geht über einen guten Snack…

  • 3,00 € per month
  • approx. $3.19 per month

Kekse sind wichtig, aber nichts geht doch über einen guten Snack, findet der Tiger. 

Natürlich hat Pudo bei uns eh sein eigenes Taschengeld, mit dem er sich zuweilen selbst große und kleine Leckereien gönnen kann. Alleine der Besuch auf dem Wochenmarkt ist ja förmlich ein Muss für den selbsternannten Bürgermeister! 

Und mit diesem monatlichem Reward könnt ihr ihm, wenn ihr Lust habt, die eine oder andere extra Wurst auf seinen Stadtbesuchen zustecken. Vielleicht ist Pudo dann ja sogar so höflich, die erstandenen Leckereien für Herrn Moka doch nicht immerzu selbst zu verspeisen.

Support us

  • 5,00 € per month
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Gefallen euch die Abenteuer und Geschichten der beiden, ihr wollt mehr davon und habt Lust, uns zu unterstützen? 

Dann könnt ihr das mit diesem oder auch jedem anderen Reward gerne tun. Die Jungs freuen sich über Kekse und Snacks und ich mich über freie Zeit zum Schreiben. 

Aber ob ihr uns mit einem kleinen Betrag unterstützt, die eine oder andere Geschichte mit Freunden teilt, oder einfach Lust habt, uns ein Stückchen zu begleiten - unterstützt uns, wie ihr wollt, wann ihr wollt, womit ihr wollt. 

Und wenn ihr euch schon ein bisschen eingelesen habt, wisst ihr eh: Alles kann, nichts muss. 

Habt einfach Spaß und eine gute Zeit beim Lesen.

Special-SuperFan

  • 10,00 € per month
  • approx. $10.62 per month

Du bist Pudo völlig verfallen, scharrst ungeduldig mit den Hufen für sein nächstes Abenteuer und kannst eh kaum an was anderes mehr denken als an den lockigen Zwerg? Dann bist du wohl der absolute SuperFan! Und das hier dann der passende Reward für dich, während Pudo schon stolz auf sich die ersten Fan-Buttons drucken lässt :)

Kekse Kekse Kekse

  • at least 2,00 € (one-time only)
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Wer in den einen oder anderen Beitrag rein gelesen hat, weiß recht schnell, wie gerne Pudo Kekse isst. Wenn ihr Pudo ins Herz geschlossen habt und ihm eine Freude machen wollt, könnt ihr ihm hier gerne einmalig Keks-Nachschub über diesen Reward zukommen lassen.

Und natürlich könnt und sollt ihr völlig frei entscheiden, ob und wieviele Kekse es von euch für Pudo regnen soll. Knuspern wird er sie alle, das steht fest.

getnext.to Pudo, and immediately

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